Pfeffer Mediæval, verwendet zur Darstellung des Hildebrandsliedes und des Beowulf-Epos.
Pfeffer Mediæval ist die idealisierte Form einer karolingischen Minuskel, der Schrift Karls des Großen, nach deren Vorbild unsere heutige Antiqua entstand.
In den jungen Reichen, die sich im Zuge der Völkerwanderung auf ehemals römischem Boden gegründet hatten, entstanden bis zum 8. Jahrhundert verschiedene sog. Nationalschriften, die bereits Minuskelschriften waren, d.h. Kleinbuchstaben mit Ober- und Unterlänge verwendeten. Sie alle waren zwar aus der Unziale, Halbunziale und jüngeren römischen Kursiven hervorgegangen, doch unterschieden sie sich regional stark voneinander und waren schwer lesbar, nicht zuletzt wegen ihrer zahlreichen Ligaturen. Im Rahmen der Karolingischen Schriftreform fand nun seit dem Ende des 8. Jahrhunderts eine Vereinheitlichung statt. Auf Betreiben Karls des Großen und unter maßgeblicher Beteiligung Alkuins von York – der dem Rufe Karls an dessen Hofschule nach Aachen gefolgt war – entstand eine leicht lesbare Schrift, die sich vom 9. Jahrhundert an rasch in den fränkischen Schreibzentren ausbreitete. Diese karolingische Minuskel wurde zur einheitlichen Buch- und Verwaltungsschrift des Frankenreichs und fand in ganz Westeuropa mit Ausnahme Irlands Verwendung, bis sie schließlich ihrerseits von der gotischen Minuskel abgelöst wurde.
In England, wo die neue Schrift erst sehr spät Einzug hielt, existierte noch bis ins 12. Jahrhundert parallel die insulare Minuskel, eine der soeben erwähnten Nationalschriften. Von der karolingischen Minuskel des Kontinents unterscheidet sie sich im Wesentlichen nur durch die abweichende Gestalt einiger Buchstaben.
Pfeffer Mediæval ist meine bisher umfangreichste Schriftart. Sie enthält über 800 Glyphen, die hier nicht alle dargestellt werden können. Der lateinische Bereich umfasst zahlreiche Akzentbuchstaben und sonstige Sonderzeichen für mediävistische Zwecke. Soweit der Zeichenumfang reicht, wurden hinsichtlich der Belegung die Empfehlungen der Medieval Unicode Font Initiative eingehalten. Unter den Sonderzeichen befinden sich auch die insularen Varianten einiger Buchstaben, so dass die Pfeffer Mediæval auch zur Darstellung altenglischer Texte verwendet werden kann.
Darüber hinaus umfasst die Schriftart einen gotischen und einen Runen-Zeichensatz.
Pfeffer Mediæval verfügt über einige OpenType-Funktionen für historischen Textsatz, insulare Varianten, gotisches Alphabet sowie für Kapitälchen und für besonders große Majuskeln.
Bei Aktivierung der „hist“-Funktion für historischen Textsatz wird ein Schriftbild erzeugt, das dem historischen Gebrauch der karolingischen Minuskel näher kommt. Die Umlaute ä, ö und ü werden durch Ligaturen wie æ und œ ersetzt, v wird durch u ersetzt und w durch uu, i wird durch ı ersetzt und schließlich s durch ſ. Die Interpunktion wird auf die Verwendung des Mittepunkts („·“) reduziert, und alle Satzzeichen (oder Kombinationen von solchen) werden entsprechend ersetzt. Das folgende Beispiel soll dies veranschaulichen:
Um diese Funktion auch in Microsoft Word 2010 verfügbar zu machen (welches nur einige OpenType-Funktionen, darunter die Stilsätze unterstützt), habe ich der Schriftart eine Kopie dieser Funktion als Stilsatz „ss05“ beigefügt.
Die „smcp“-Funktion für Kapitälchen wird anhand der Personennamen im folgenden Beispiel deutlich:
Diese Funktion ist auch als Stilsatz „ss06“ verfügbar, damit sie in Word 2010 genutzt werden kann.
Mit dem Stilsatz „ss01“ werden die Großbuchstaben durch noch größere Majuskeln ersetzt, die nach unten in den Bereich der Unterlänge hineinragen:
Mit dem Stilsatz „ss02“ werden einige Buchstaben durch ihre insularen Varianten ersetzt, um angelsächsische Texte darstellen zu können. Das folgende Beispiel veranschaulicht dies:
Die Funktion der Stilsätze „ss03“ und „ss04“ zur Verwendung des gotischen Alphabets und des Runenalphabets wird auf den Seiten über den gotischen und den Runen-Zeichensatz von Pfeffer Mediæval erklärt.
Rekonstruktion einer Seite aus der mutmaßlichen oberdeutschen Vorlage des Hildebrandsliedes (Text nach Georg Baesecke, Das Hildebrandlied, Halle 1945):
Aus einer ‚wenig bekannten‘ Beowulf-Abschrift (der Pergament-Hintergrund mit Rahmenelementen entstammt Codex Sangallensis 1395, Blatt 422):
Datei | Beschreibung |
pfeffer_mediaeval.zip | Eine karolingische Minuskel mit umfangreichem Zeichensatz. |